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Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus an der Universität Karlsruhe

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Artikelstatus: Fertig 20:20, 6. Jun. 2007 (CEST)
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Karlsruhe (Deutschland), 06.06.2007 – Im Rahmen einer Sonderveranstaltung der von AIESEC und der Global Marshall Plan-Hochschulgruppe Karlsruhe und dem interfakultativen Institut für Entrepreneurship veranstalteten Vortragsreihe „Globalisierung gestalten“ gab es heute im Audimax der Universität Karlsruhe Vorträge von Muhammad Yunus und Eduardo Suplicy. Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, ist Schirmherrin der Vortragsreihe.

Muhammad Yunus wurde 2006 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Eduardo Suplicy (Partido dos Trabalhadores) repräsentiert den Bundesstaat São Paulo im brasilianischen Senat und hat als Verfechter der Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens erreicht, Ansätze dieser Idee in der brasilianischen Verfassung zu verankern. Götz Werner, Gründer der Drogeriekette dm, moderierte die Veranstaltung. Alle drei auf dem Podium anwesenden Personen sind Professoren für Ökonomie. In seinem Eingangsstatement sagte Götz Werner, dass Muhammad Yunus auch den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften verdient hätte.

Muhammad Yunus hielt im überfüllten Audimax eine frei vorgetragene Rede auf Englisch, die mit vielen amüsanten Anekdoten gespickt war, mit denen er die Geschichte der Grameen Bank veranschaulichte. Sein etwa einstündiger Vortrag wurde häufig von Lachern und Applaus unterbrochen. Der Friedensnobelpreisträger leitete seine Rede damit ein, dass er sich immer freue, vor Studenten zu sprechen, da die Idee für das Mikrokreditinstitut auf dem Campus einer Universität in Bangladesch entstanden sei. Dafür, dass er in einer Zeit, in der in seinem Heimatland eine große Hungersnot herrschte, Wirtschaftswissenschaften lehrte, fühlte sich Yunus nach eigenen Angaben schuldig. Insbesondere, weil die Lehrbücher keinen Ausweg aus der Krise versprachen und ihm „sinnlos“ erschienen.

Daher habe er das Campusgelände zusammen mit einigen Studenten verlassen, um arme Menschen in Dörfern zu besuchen. Dort habe er einigen Menschen insgesamt 27 Dollar geschenkt, mit denen sie ihre Schulden begleichen konnten. Dadurch seien die Personen aus sklavenähnlichen Arbeitsverhältnissen befreit worden. Der Anstoß für die Idee zur Vergabe von Mikrokrediten als ein Weg der Armutsbekämpfung sei anschließend von Yunus' Studenten gekommen. Yunus, der sagte, er habe sich zu diesem Zeitpunkt nicht mit dem Bankwesen ausgekannt, sei daraufhin zu einer Bank gegangen und habe dem Direktor vorgeschlagen, Armen Geld zu leihen. Dieser habe Yunus für verrückt erklärt. Er sei der Meinung gewesen, dass die Armen die Kredite niemals zurückzahlen würden. Nach Versuchen, sich gegenseitig von ihrer Meinung zu überzeugen, hätten Yunus und der Bankdirektor sich schließlich zu einer versuchsweisen Kreditvergabe geeinigt, bei der Yunus für die armen Kreditnehmer bürgte. Nachdem der Großteil des Geldes entgegen den Erwartungen des Bankiers zurückgezahlt worden war, kam es zur Gründung der Grameen Bank. Muhammad Yunus erläuterte die zentralen Prinzipien der Bank. „Die Menschen müssen nicht zur Bank kommen, wir kommen zu den Menschen.“ Die von Yunus begründete Bank wolle keine Menschen vor Gericht bringen und beschäftige keine Rechtsanwälte. Die Kreditvergabe erfolge hauptsächlich an Frauen und basiere auf Vertrauen – offizielle Dokumente, mit denen die Kreditvergabe besiegelt wird, gebe es nicht. Frauen könnten, so Yunus, die Welt schneller und besser verändern.

Nach dem Erfolg der Grameen Bank erfolgte die Gründung eines Telekommunikationsunternehmens, das sich inzwischen laut Yunus zur größten Firma und zum größten Steuerzahler des Landes entwickelt hat. Auch hier stieß Yunus auf Widerstände. Kaum jemand habe den armen Menschen, die in ihrer großen Mehrheit Analphabeten waren, zugetraut, mit Mobiltelefonen umgehen zu können. Muhammad Yunus habe es aber für wichtig gehalten, die Informationstechnologie in die Dörfer zu bringen. Entgegen den Erwartungen konnten die Frauen in den Dörfern die Telefone sinnvoll nutzen. Weil für den Betrieb der Telefone Elektrizität benötigt werde, habe Yunus eine Firma gegründet, die Minisolaranlagen für die Familien in die Dörfern entwickelt.

Des Weiteren habe die Grameen Bank Kredite für Schüler und Studenten in ihr Programm aufgenommen, so dass sie sich bilden könnten. Dies sei für Familien, die seit Generationen nicht lesen und schreiben könnten, eine große Erfahrung gewesen. Laut Yunus besuchten in der Folge viele der Stipendiaten Hochschulen. Eine Aussage, die sich wie ein roter Faden durch Yunus' Vortrag zog, war die, dass in jedem Menschen ein Potential stecke, egal ob es sich um einen Slumbewohner oder einen Universitätsprofessor handele. Für die Armut seien, so Yunus, nicht die Menschen verantwortlich, sondern bestimmte Denkweisen. Als Beispiel nannte er das Bankwesen, wobei reiche Menschen hohe Kredite erhielten und Arme in der Regel keine.

Muhammad Yunus kritisierte eine Form des Kapitalismus, deren einziges Prinzip die Profitmaximierung sei. Dies werde an Hochschulen gelehrt, wodurch sich das System verfestige. Als Alternative schlug Yunus ein soziales Unternehmertum vor, bei dem es darum gehen solle, Gutes zu tun und nicht unbedingt Geld anzuhäufen. Beide Formen des Unternehmertums schlössen sich aber nicht aus, sondern könnten kombiniert werden, sagte Yunus. Der Friedensnobelpreisträger zeigte sich optimistisch, was die Entwicklung seines Heimatlandes betrifft. So sei das Land bei der Erreichung von sechs der acht Hauptziele des Millennium-Gipfels im Plan. Bei den anderen Zielen wird das Land nach Meinung von Muhammad Yunus noch aufholen. In einigen Jahren könne man in Bangladesch Armutsmuseen bauen, da die Kinder nicht mehr wüssten, was Armut sei, da es keine Armut mehr geben werde. Nach der Veranstaltung in Karlsruhe wird Yunus nach Rostock fahren, wo er im Rahmen des Konzerts „Deine Stimme gegen Armut“ anlässlich des G8-Gipfels in Heiligendamm auftreten wird.

Im anschließenden Vortrag von Eduardo Suplicy vertrat dieser die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens. Soziale Gerechtigkeit sei eine Voraussetzung für politische Teilhabe, sagte der brasilianische Senator. Eduardo Suplicys stellte in seiner Rede zahlreiche historische Bezüge her. Er bezog sich unter anderem auf die Bibel, Karl Marx, Aristoteles und Thomas Paine, aber auch auf islamische und buddhistische Denker.

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Quellen

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